INGENIEURSCHULE
BERN HTL
Abteilung
Elektrotechnik und Elektronik
Diplomarbeit 1996
Dozent: F.
Dellsperger
Diplomand: Simon Eggimann
Traveling-Wave-Amplifier
Bei
den üblichen Schaltungstopologien von HF-Verstärkern bilden die Ein- und
Ausgangskapazitäten der aktiven Elemente die bandbegrenzenden Komponenten. Um
trotzdem grosse Bandbreiten von mehreren Oktaven oder Dekaden zu erreichen, kann
eine Topologie eingesetzt werden, die als Traveling-Wave-Amplifier (TWA)
bezeichnet wird (häufig auch als Distributed Amplifier). Die Ein- und
Ausgangskapazitäten der aktiven Elemente werden dabei Bestandteil von
verteilten Leitungselementen, wodurch ihr Einfluss auf die Bandbreite viel
geringer wird.
Das
Konzept des TWA wurde bereits 1936 patentiert. Als aktive Elemente kamen
Vakuum-Röhren zum Einsatz. Zu Beginn der Achtziger-Jahre wurden die ersten TWA
mit GaAs-FETs entwickelt.
Abbildung
1 zeigt die wechselstrommässig wirksame Schaltungstopologie des TWA. In
diesem Beispiel sind drei Verstärkerstufen gezeichnet, theoretisch ist diese
Anzahl jedoch beliebig.
Abbildung 1 : Schaltungstopologie des TWA
Der
TWA besteht aus zwei Leitungen, der Gate-Line und der Drain-Line, welche durch
eine Anzahl Verstärkerstufen (T1 bis T3) gekoppelt sind. Die Verstärkerstufen
sollten idealerweise spannungsgesteuerte Stromquellen sein. Die Ein- und
Ausgangskapazitäten der aktiven Elemente bilden mit den Längsinduktivitäten
die Leitungselemente. Ein Eingangssignal wandert nun entlang der Gate-Line und
wird im Gate-Line Abschluss ZIG absorbiert. Jede Verstärkerstufe prägt
einen Strom proportional zur jeweiligen Spannung auf der Gate-Line in die
Drain-Line. Falls die Laufzeiten in beiden Leitungen identisch sind, überlagern
sich die Ströme aller Verstärkerstufen phasenrichtig und das Signal steht
verstärkt am Ausgang (Output) zur Verfügung. Alle rückwärts laufenden
Signale in der Drain-Line, die sich nicht bereits gegenseitig auslöschen,
werden im Drain-Line Abschluss ZID absorbiert.
Das
Ziel dieser Diplomarbeit ist der Entwurf und die Simulation eines
Traveling-Wave-Amplifiers mit diskreten Elementen sowie der Aufbau eines
Labormusters in Mikrostrip-Technik. Ausgehend von der Funktionsweise des
Traveling-Wave-Amplifiers werden die Dimensionierungsgrundlagen für den Entwurf
des Verstärkers erarbeitet. Dabei zeigt es sich, dass vor allem die
Eigenschaften der Leitungselemente durch die mechanischen Randbedingungen
bestimmt werden. Basierend auf den Dimensionierungsgrundlagen werden
verschiedene Lösungsvarianten zusammengestellt und schliesslich ein Lösungsvorschlag
unterbreitet.
Anschliessend
erfolgt die Schaltungsentwicklung mit Hilfe des Simulationsprogrammes MDS.
Ausgehend von idealen Elementen wird das Verstärker-Modell schrittweise
verfeinert, bis alle Bauelemente genügend genau modelliert sind. Der Verstärker
wird nun aufgebaut und ausgemessen. Dabei treten Probleme mit Schwingneigungen
ausserhalb des Nutzfrequenz-Bereiches auf, die aber behoben werden können. Die
linearen und nichtlinearen Eigenschaften werden messtechnisch erfasst und
dokumentiert. Ein Vergleich der linearen Eigenschaften mit den
Simulationsergebnissen zeigt eindrücklich, dass bei einer genügend genauen
Modellierung die Simulation korrekte Resultate liefert und somit ein brauchbares
und unentbehrliches Werkzeug für die Schaltungsentwicklung darstellt.
Trotzdem
könnte der Verstärker in einigen Eigenschaften noch verbessert werden. Das
Problem mit der Schwingneigung ist nicht elegant gelöst, weil dadurch der
Stromverbrauch ansteigt und die Verstärkung abnimmt. Hier muss überprüft
werden, ob ein Transistor mit einer tieferen Transitfrequenz eingesetzt werden
kann. Möglicherweise sind Unsymmetrien in der Leitungsstruktur für die
Schwingneigung verantwortlich. Durch gezieltes Erzeugen von Unsymmetrien könnte
dieser Einfluss in der Simulation untersucht werden. Um die genaue Ursache des
Problems zu eruieren, könnte mit einem entsprechenden Analysewerkzeug (Momentum)
die Feldverteilung der Leitungen untersucht werden.
Weil
die Eckfrequenz des 1/f-Rauschens beim eingesetzten Transistor recht hoch ist,
wird bei tiefen Frequenzen das Rauschverhalten des Verstärkers schlecht. Auch
diese Eigenschaft wird durch die Wahl des Transistors entscheidend beeinflusst.
Ansonsten
überzeugt die Schaltungstopologie, wird doch problemlos eine Bandbreite von
drei Dekaden erreicht, ohne dass langwierige Abgleicharbeiten notwendig sind.
Mit
zusätzlichen Messungen könnte noch die Stabilität des Verstärkers bei
unterschiedlichen Quell- und Lastimpedanzen untersucht werden. Weil dies bei
einem breitbandigen Verstärker recht zeitintensiv ist, wurde im Rahmen dieser
Diplomarbeit darauf verzichtet.